Donnerstag, Juni 28, 2012

Exformation von Information

Weiter auf der Suche nach eine genauen Erklärung der Exformation, bin ich auf die Abhandlung von Dago Vlatis gestossen.
Dago ist ein guter bekannter von mir, mit dem ich gemeinsam viele Jahre bei unserem lehrer Arnold Keyserling studiert habe.
Hier einmal ein paar grundlegende Bemerkungen zur Exformation von Informationen.
Den gesamten Artikel finden sie in der Schule des Rades

"Im Prozeß des Aufnehmens von Information, der nach von Weizsäcker immer ein Verstehen von Information ist, ist aber eine grundsätzliche Tendenz zu beobachten:
Verstehen geht immer mit Reduktion von Information einher.
Für diesen Prozeß der Informationsreduktion, der immer mit dem Prozeß des Verstehens gekoppelt ist, hat der dänische Wissenschaftsjournalist Tor Nørretranders den Begriff der Exformation geprägt. Folgen wir seinem Ansatz, so wäre Information in einer regelrechten Umkehrung des weizsäckerschen Wortes erst einmal gerade das, was nicht verstanden wird.
Gemäß seiner Auffassung gilt, dass erst wenn Information eine Exformation durchlaufen hat, sie zur verstandenen Information, zur kommunizierten und kommunizierbaren Information wird.

Mit reiner Information, bei der ich keine Exformation durchführen kann, bin ich konfrontiert, wenn ich etwa einen Text vor mir habe, bei dem ich weder die Sprache noch das «Alphabet» kenne, mittels welcher dieser Artikel verfaßt ist. Habe ich einen Zeitungsartikel auf chinesisch vor mir, bin aber des Chinesischen nicht mächtig, verstehe ich überhaupt nichts.
Der Salat an Linien enthält für mich unzählige Informationen, mit denen ich aber überhaupt nichts anfangen kann, sie sagen mir nichts.
Die einzige Exformation die ich hier vielleicht durchführen kann, und somit die einzige Erkenntnis die ich haben kann, ist die Feststellung, dass es sich um Chinesisch handelt – doch auch dass kann aber nur zutreffen, wenn ich schon chinesische Schriftzeichen kenne. Beherrsche ich aber Chinesisch, dann ordnen sich die Linien zu Clustern, die ich als bereits bekannten Zeichen und Worte wiedererkenne, diese dann zu Sätzen nach den mir bekannten Regeln, aus diesen wiederum extrahiere ich das Wesentliche des Inhalts, den ich dann wahrscheinlich mit noch weniger Sätzen wiedergeben kann, als im Artikel vorhanden sind.
Handelt es sich dabei vielleicht um den Bericht über einen Verkehrsunfall, wäre ein weiterer Schritt der Exformation noch vollzogen, wenn ich den Inhalt des Berichts dann etwa unter «Autounfälle» ablege, wobei ich damit von allen besonderen Umständen dieses Ereignisses absehe, da sie mir nicht wichtig erscheinen.
Tatsächlich führen wir praktisch bei den meisten Informationen aus der Zeitung schließlich die totale Exformation durch, wir vergessen sie, wir vernichten Information, da sie keine Bedeutung für unser Leben hat."

Ich bin ja besonders über diese Information von Dago dankbar, da sie direkt mein Projekt betrifft.
Durch das Übermalen der Zeitungen passiert ja genau das: Totale Exformation

Und weiter:
"
Erkenntnis ist also immer Exformation, Vernichtung von Information, insofern dabei die große Informationsmenge über die vielen Mikrozustände einer Gegebenheit (viele Punkte, viele Moleküle, viele Menschen) immer auf die kleine Informationsmenge eines Makrozustandes (eine geometrische Gestalt, eine Temperatur, ein gesellschaftlicher Trend) reduziert wird.

So ist die Linie die Auswahl oder Zusammenfassung von vielen Mikrozuständen zu einem Makrozustand, eben die Zusammenfassung vieler einzelner Punkte zur globalen Gestalt der Linie.
Erkenntnis und Wahrnehmung sind niemals nur reine Informationsaufnahme, sondern immer auch Vernichtung, Exformation von Information. Eine geordnete Welt können wir nur erleben und erkennen, wenn wir die unermeßliche Menge an Information auf wenige Bits reduzieren."

Hier nochmal der Link zu Dago Vlatis "Das stumme Wissen"

Die Frage allerdings, ob man Informationen durch Exformation wirklich vernichtet, oder doch "nur" transformiert, bleibt für mich offen.
In meinem Projekt werden ja aus den Zeitungsblättern "Kunstprodukte", die wieder viel mehr an Information enthalten, als das Original.

Allein die Verteilung der Farbpigmente auf dem Blatt erzeugt ungeheuere Mengen an "Information", die der Betrachter wieder exformieren muss, um das Bild zu sehen!

Hier ein Beispiel: